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Praktikumsbericht von Korinna Roters (10.07. - 10.10.2002)


1. Einleitung

Im Wintersemester 2001/02 besuchte ich die Übung "Museumskunde-Zeitgenössische Kunst zeigen", die von Dr. Winzen gehalten wurde. Anschließend bot Dr. Winzen den Studenten des kunstgeschichtlichen Instituts an, sich für ein Praktikum in der Staatlichen Kunsthalle Baden-Baden zu bewerben, das von der Firma Gaggenau unterstützt, Einsichten in die Praxis einer Kunsthalle und in den beruflichen Alltag von Kuratoren bietet.

Nachdem ich mich für ein Praktikum vom 1. August bis zum 10. Oktober 2002 beworben hatte, erhielt ich von der Kunsthalle die Möglichkeit, schon ab dem 10. Juli Frau Susanne Schuh, die Sekretärin von Herrn Dr. Winzen, während eines Kuraufenthaltes zu vertreten, und konnte so schon vor Beginn des eigentlichen Praktikums einige Erfahrungen über den organisatorischen Ablauf innerhalb der Staatlichen Kunsthalle Baden-Baden sammeln.


2. Bericht über die Tätigkeiten im Praktikum

Zu Beginn meiner Tätigkeit als Vertretung vom 10. Juli - 26. August 2002 lernte ich zunächst den alltäglichen Bürolauf kennen. Abläufe wie Post zuteilen, Briefe schreiben, die Ablage ordnen und den Pressespiegel während der laufenden Ausstellung zu aktualisieren, sind Dinge, die man während des laufenden Tages immer wieder tun muss, um die Dokumentation der Vorgänge in der Kunsthalle auf dem neusten Stand zu halten. Hilfreich waren mir die dabei gewonnenen Informationen besonders deshalb, weil das Sekretariat Schnittstelle verschiedener Arbeitsbereiche in der Kunsthalle ist und deshalb häufig die Koordination der Vorgänge durch Dr. Winzen unterstützen muss. An dieser Informationsschnittstelle zu sitzen ist teilweise besonders verantwortungsvoll, da es unter anderem Aufgabe des Sekretariates ist, Termine auszumachen und einzuhalten oder für den reibungslosen Ablauf von Dienstreisen zu sorgen.

Neben diesen Aufgaben hatte ich Gelegenheit, für Dr. Winzen kleinere Recherchen zu machen. Dabei war das Internet eine besonders gute Quelle für Bildmaterial oder Informationen zum aktuellen Kunstgeschehen. Zudem konnte ich so das System der internen Bibliothek, die von Frau Christa Lehman organisiert wird, kennen lernen.

Nach einigen Tagen der Einarbeitung konnte ich, neben den oben beschriebenen Büroaufgaben, bei der Ausstellungsorganisation, der zur dieser Zeit noch geplanten, jetzt bereits eröffneten Ausstellung "Die Wohltat der Kunst. Post\Feministische Positionen der 90er Jahre aus der Sammlung Goetz" mithelfen. Über Hotelreservierungen, Koordination von Katalogdaten bis hin zur Beschaffung der Ausstellungstechnik hatte ich einen hervorragenden, lehrreichen Einblick in das Ausstellungsmanagement und die Finanzierungskontrolle durch Herrn Dr. Winzen und Herrn Iwaniuk, wie durch die Volontäre Diana Ebster und Fritz Emslander.
Eine größere Aufgabe für mich war die Beschaffung der noch fehlenden technischen Ausrüstung für die Ausstellung ( u.a. Projektoren). Als staatliches Institut muss die Kunsthalle sehr auf ihren Etat, der wie bei vielen Kultureinrichtungen zur Zeit nicht besonders viel hergibt, achten. Deshalb und aus dokumentarischen Gründen mussten möglichst viele Kostenvoranschläge eingeholt werden. Durch Verhandlungen mit den Anbietern und über den Weg des Sponsoring konnte ich große Preisnachlasse erzielen und gleichzeitig interessante Erfahrung auf dem Gebiet der Preisverhandlungen machen.

Nachdem ich im ersten Teil des Praktikums überwiegend an der Organisation und weniger an der inhaltlichen Vorbereitung von Ausstellungen beteiligt war, lag der Schwerpunkt meines weiteren Interesses noch auf der inhaltlichen Gestaltung von Ausstellungsprojekten. Da aber in den Zeitraum nach der Übergabe der Büroaufgaben an Frau Schuh der Abbau der Ausstellung "Schwarzwaldhochstraße", sowie der Aufbau und die Eröffnung der Ausstellung "Die Wohltat der Kunst" fiel, hatte ich zunächst die Gelegenheit zum praktischen Umgang mit Kunstwerken, was für mich bedeutete, dass ich das erste Mal eine Ausstellung wirklich mit aufbauen konnte.
Das Handling der Kunstwerke, Absprachen über Transporte mit Künstlern und die Überlegung: "Was gehört wohin", sind grundsätzliche Arbeiten, die man bei einem Gang durch eine Ausstellung nicht mehr bemerkt, nicht mehr bemerken sollte. Aber die bloße Auseinandersetzung mit inhaltlichen Positionen, bietet nicht die gleiche Erfahrung wie das handfeste Montieren und das Nachdenken über und sehen von Aufstellungsmöglichkeiten.

Aufbau und Eröffnung bilden eine Zäsur in meinem Praktikum. Während der zwei Wochen intensiver Arbeit mit den Kunstwerken, bei der man schon Zugang zu den jeweiligen Werken erhält, hatte ich den Eindruck, dass sich der Gehalt der organisatorischen Arbeit aus den Wochen davor in den Tagen des Aufbaus entlädt und dass danach wieder Vermittlungsarbeit, weitere Organisation und Recherche für neue Projekte stattfinden. In der Praxis der Kunsthalle sind diese Bereiche mehr miteinander verflochten, meine Einteilung in die Arbeitsbereiche war jedoch größtenteils so, dass sich für mich dieser Eindruck bestätigt hat.

Der zweite Teil des Praktikums war durch Öffentlichkeitsarbeit und Recherchen geprägt. Zur Pressekonferenz und Eröffnung der Ausstellung mussten Zeitungen, Zeitschriften und Fernsehen angesprochen werden, damit sie die Information über die aktuelle Ausstellung verbreiten und potentielle Besucher ansprechen. In einer Telefonaktion versuchte ich möglichst viele Journalisten persönlich anzusprechen und zur Pressekonferenz einzuladen. Weiterhin wurden Prospektmaterial, Fotos und Pressemappen verschickt.
Nicht nur die Vermittlung der Ausstellung an die Presse, sondern auch die Vermittlung an die Besucher durch Führungen und Informationsangebote, wie Katalog oder ausliegende Informationsblätter, sind Tagesgeschäft der Öffentlichkeitsarbeit. In den letzten Wochen meines Praktikums hatte ich die Möglichkeit, Führungen durch die Ausstellung zu machen, um selber als Vermittler zwischen der Kunst und dem Museumspublikum agieren zu können.
Das nächste Projekt der Staatlichen Kunsthalle Baden-Baden wird die Ausstellung: "DISSIMILE. PROSPEKTIONEN JUNGE EUROPÄISCHE KUNST" sein. Im Rahmen der Recherche zu diesem Projekt, die sehr spannend ist, da sie sich mit jungen noch nicht ganz so bekannten Künstlern auseinandersetzt, arbeitete ich mit Fritz Emslander zusammen, der nach seinem Volontariat in der Kunsthalle dieses Projekt in Zusammenarbeit mit der Allianz Kulturstiftung betreut. Neben den Recherchearbeiten zu Künstlern aus verschiedenen Bereichen wie Architektur, Tanz und Performance betreute ich zeitweise die Schaltung der Anzeigen in den verschiedenen Fachzeitschriften und Zeitschriften mit Kulturteil.
Zur Koordination der Ausstellung "DISSIMILE" finden in unterschiedlichen Abständen Sitzungen statt, in denen Dr. Winzen mit allen Beteiligten den Stand und weiteren Verlauf des Projektes bespricht. In diesen Sitzungen konnte ich viel über die Auswahl von Künstlern und Werken erfahren. Durch die Vielzahl von Argumenten und die verschiedenen Standpunkte der Kuratoren sind diese Sitzungen immer interessant gewesen, um seine eigene Meinung zu überprüfen oder bestätigt zu finden.
Nachdem ich anfangs noch mit Fritz Emslander zusammen einen Themenbereich recherchiert habe, konnte ich die Recherche und Organisation im Bereich "Werbung" unter Absprache mit Dr. Winzen und Fritz Emslander selbstständig durchführen. Das beinhaltete Sichtung von Material und Kontaktaufnahme zu den Firmen bzw. Werbeargenturen, um die Ausstellung von Werbefilmen zu verhandeln.
Während der Ausstellung DISSIMILE, die sich mit europäischen Bildsprachen auseinandersetzt, sollen TV Spots von Autoherstellern gezeigt werden, die je nach Land unterschiedlich gestaltet sind. Deshalb sollten Kontakte zu den Firmen aufgebaut werden, was ich bei Volkswagen und BMW angebahnt habe.

In den drei Monaten meines Praktikums konnte ich drei Bereiche meines Interesses abdecken; die Organisation der Institution und die Organisation von Ausstellungen, Aufbau und Umgang mit Kunstwerken und schließlich die inhaltliche Arbeit an Ausstellungskonzepten mit Kriterienfindung und Recherchen.

3. Erfahrungsbericht: Erwartung und Erfüllung

Am Anfang hatte ich einige Erwartungen an das Praktikum in der Kunsthalle.
Durch Besuche in Museen und das kunstgeschichtliche Studium hatte ich keine Idee von dem, was hinter einer Ausstellung, einer Kunsthalle steckt, und unklar war für mich anfänglich auch das Bild von den Aufgaben eines Kurators.
Auch wenn die Übung zur Museumskunde viel von Beispielen von der praktischen Arbeit eines Ausstellungsmachers durchzogen war, konnte ich mir selbst von mir in diesem Beruf keine genaue Vorstellung machen.

a) Theory meets Practice
Als ich am ersten Tag im Büro stand, konnte mir keine Beschreibungsübung und keine Richtlinie für Hausarbeiten erklären, wie das Sekretariat organisiert werden musste. Auch im Umgang mit Gesprächpartner am Telefon oder im Hause war ich auf meine Erfahrungen aus anderen Praktika und Nebenjobs angewiesen. Die Gedanken an die Kosten des technischen Equipments zur Ausstellung kannte ich eher aus den Erfahrung meines Alltags als aus den Seminaren der Universität.
Bei den Recherchen konnte ich bereits mehr aus meinem Universitätsalltag hinzusteuern, der Umgang mit dem Internet und das Begreifen eines Bibliotheksystems sind dafür Vorraussetzung. Auch das Verständnis einiger für mich schwieriger zugänglichen Werke konnte ich mir durch Strategien aus den Seminaren erarbeiten. Trotzdem fühlte ich zunächst Unsicherheit besonders mit dem Umgang zeitgenössischer Kunst. Bei der Informationssuche durch das Internet merkte ich, dass mir im Hinblick auf zeitgenössische Kunst vieles neu war.
Der Ruf nach studienbegleitender Praxis ist alt. Deshalb dachte ich, dass mir gerade durch dieses Praktikum das Berufsfeld eines Kurators klarer werden würde und mir gleichzeitig auch die Möglichkeit böte, den Umgang mit zeitgenössischer Kunst zu entwickeln. Genau diese Vermutung hat sich für mich bestätigt.

b) Ein Fall von Vorstellung
Vieles war besser als ich es mir vorgestellt hatte, trotzdem finde ich, dass man an Kleinigkeiten noch arbeiten könnte.
Für mich war es erstaunlich, wie selbstständig man auch als Praktikantin arbeiten konnte. Obwohl alles koordiniert und bei wichtigen Entscheidungen mit Dr. Winzen oder einem der Kuratoren, Frau Dr. Margrit Brehm oder Herrn Dr. Dirk Teuber, abgesprochen werden musste, fand ich es nicht einschränkend. Meine Befürchtung war, dass man als Praktikantin mehr beobachten müsste, als dass man selber etwas vorbereiten oder vorstellen könnte. Doch durch die Arbeit im Büro und später an den Recherchen konnte ich mich Schritt für Schritt an einen weiteren Arbeitsbereich annähern. Dabei fand ich besonders gut, dass man gerade Gelerntes auch direkt wieder anwenden konnte. Zum Beispiel profitiere ich jetzt von der Mitarbeit am Aufbau bei der Vorbereitung für die Führungen. Oder ich kann die Erfahrungen bei den Sitzungen zum Projekt DISSIMILE bei meiner Recherche berücksichtigen.
Als wirklich gut und hilfreich empfand ich den Kontakt und die Zusammenarbeit mit den Volontären. Dadurch, dass sie schon im Studium weiter vorangeschritten sind und einige Erfahrungen bereits gemacht haben, trotzdem aber noch sehr nah an der Studienzeit sind, konnte ich mich sehr gut mit ihnen austauschen und auch viele Fragen stellen. Ebenso boten mir Gespräche mit Dr. Teuber als Kurator oft ganz andere Aspekte (z.B. zum Thema Kunstvermittlung) zum Nachdenken, als Gespräche in den Seminaren an der Universität. Deshalb habe ich mir auch überlegt, Vorschläge der Kuratoren für eine Literaturliste zu sammeln, ich hoffe dadurch anderes vielleicht auch praxisvermittelnderes Material für mein Studium zu finden.
Insgesamt fand ich das Klima in der Kunsthalle für die Praktikanten sehr positiv und offen. Das wurde durch die Teilnahme an den Teamsitzungen oder gemeinsame Mittagspausen nur gestärkt.
Obwohl ich das Rotationsprinzip generell gut finde, vermisste ich doch einen permanenten Arbeitsplatz, der zwar durch zwei Tische im Flur des Lagers theoretisch vorhanden war, aber meiner Meinung nach nicht gerade eine ideale Arbeitsatmosphäre für drei Monate bietet. Während eines normalen Arbeitstages brauchte ich oft das Internet, Zugriff auf den gemeinsamen Server oder ein Telefon, so dass ich es immer als angenehmer empfand in einem der Büros zu arbeiten. Vielleicht lässt sich dieser Zustand - wenn man davon ausgeht, dass die Kooperation Universität-Gaggenau-Kunsthalle länger bestehen bleibt - durch den Umbau der Kunsthalle und den Anbau des Museums Sammlung Frieder Burda beheben.
Sehr wichtig war für mich, dass ich mich während des gesamten Praktikums ernstgenommen fühlte, das lag neben dem aufgeschlossenem Team besonders an Dr. Winzen, der sich viel Zeit für die Praktikanten nahm. Die direkten Einblicke in seine Arbeit sind für mich im Hinblick auf meine eigene Berufsvorstellungen und die Art, wie man in dem Bereich der zeitgenössischen Kunst arbeiten kann, sehr nützlich gewesen. Trotzdem hätte ich mir in der Mitte und gegen Ende des Praktikums auch ein persönliches Feedback zu meiner Arbeit gewünscht. In den Gesprächsrunden mit den Praktikanten kam dies etwas zu kurz. Generell halte ich ein oder zwei Einzelgespräche während des Praktikums für gut, da der Praktikant dann noch die Möglichkeit hat sich zu verbessern oder einfach eine Bestätigung erfährt.


4. Schlussbemerkung

Abschließend kann ich dieses Praktikum nur jedem empfehlen, dem an der Universität die praktische Arbeit fehlt. Auf jeden Fall hat es mir viele Anstöße, um über den Beruf des Kurators nachzudenken, gegeben. Ich konnte eine Menge Eindrücke über den Umgang mit Kunst und die Struktur und das Gesehen in der zeitgenössischen Kunst gewinnen. Meine Erwartungen wurden voll erfüllt.

Korinna Roters
kor_a@gmx.de